SELBSTFÜRSORGE IST EIN ENTSCHEIDENDER FAKTOR,
um den Herausforderungen des Alltags gewachsen zu sein und ein wertvoller Hebel gegen Stress. Wollen wir eine Balance zwischen Energieverbrauch und -zufuhr schaffen, brauchen wir Selbstverantwortung und den Blick auf unsere Kraftquellen.
Wir sorgen für uns selbst, wenn wir uns gut behandeln und auf unsere Bedürfnisse eingehen. Dennoch bedeutet Selbstfürsorge mehr, als regelmäßig ein Schaumbad zu nehmen und dabei Musik zu hören: In der Selbstfürsorge achten wir auf unsere körperliche und psychische Gesundheit. Wir wissen, was uns Kraft gibt und wie wir entsprechende Quellen nutzen. Wir wissen auch, was uns Energie kostet und worauf wir verzichten sollten. Selbstfürsorgliche Menschen füllen ihre Energien immer wieder bewusst auf. Es steht außer Frage, dass das erwähnte Schaumbad dem Zweck dient, sich Gutes zu tun. Und dennoch gräbt die Selbstfürsorge tiefer und ruft nach mehr – mehr Verantwortung.
Fürsorge oder Ablenkung? Die Schokolade oder die Chips beim Fernsehen schmecken vielleicht schon lange nach Routine, das tägliche Glas Wein nach einem Arbeitstag nach einer kurzfristigen Belohnung. Die Selbstfürsorge steht im engen Zusammenhang mit der Selbstverantwortung. Sie steht für die Bereitschaft, Verantwortung für das eigene Leben, Handeln und deren Konsequenzen zu übernehmen. Das bedeutet, Entscheidungen zu treffen und aktiv daran zu arbeiten, das eigene Leben positiv zu gestalten. Neben dem bewussten Genuss der Schokolade, einer Massage oder dem duftenden Schaumbad ist die Selbstreflexion ein erster Schritt für mehr Eigenverantwortung.
Unser „psychischer Energieverbrauch“ eines durchschnittlichen Alltags könnte auf folgende Szenarien zurückzuführen sein: Der morgendliche Stau sorgt dafür, dass ich zu spät zum Meeting komme, die Überstunden werden mehr, ein morgendlicher Streit in der Partnerschaft setzt sich am Abend fort, der Kühlschrank ist wider Erwarten halb leer und zu allem Überdruss bittet der Klassenvorstand des Sohnes zum Austausch. Oftmals liegen dazwischen noch sogenannte Mikrobelastungen; kleine Ärgernisse, wie ein verlegter Gegenstand oder das Ei, das soeben auf den Boden gefallen ist. Manchmal sind es freilich viel größere Belastungen wie Krankheiten oder Schicksalsschläge, die sehr viel Energie und Kraft kosten.
Werfen wir den Blick auf unseren durchschnittlichen Alltag und unseren eigenen Wirkungsbereich: Verliere ich mich zu sehr in Details, plane ich zu wenig Pufferzeiten ein oder übernehme ich mich ständig mit noch mehr Arbeiten? Kann ich schwer Nein sagen, wird der Stresslevel zeitgleich mit dem Energieaufwand steigen. Überzeugungen, allen helfen zu müssen, keine Fehler machen zu dürfen oder die eigene Meinung hintanzustellen, schlagen in die gleiche Kerbe und kosten Kraft. Ebenso, wenn ich Konflikten aus dem Weg gehe, den Selbstwert ausschließlich mit Leistung nähre oder vorwiegend Aufgaben verrichte, die mir weder liegen noch Freude bereiten. Die Liste der Energieräuber kann beliebig fortgesetzt werden und sie alle haben eines gemeinsam: Um den Energieverlust zu reduzieren, braucht es zunächst die Auseinandersetzung damit. Komme ich ständig zu spät zu vereinbarten Treffpunkten, kann ein überarbeitetes Zeitmanagement helfen. Habe ich häufig das Gefühl, es allen recht machen zu müssen, kann ein einfaches „Nein“ eine gesunde Grenze bedeuten. Selbstfürsorge heißt infolgedessen auch, ehrlich zu sich zu sein und herauszufinden, was man braucht oder eben nicht braucht.
Energie wird verbraucht und im Idealfall gleichermaßen wieder aufgefüllt. Gerade in schwierigen Lebenslagen fällt es uns oft schwer, an unsere Kraftquellen zu denken. Kostet uns das Leben anhaltend viel Energie, ohne ausreichend Energie aufzutanken, sinkt unsere Resilienz; wir zeigen Symptome einer Erschöpfung, im äußersten Fall kommt es zum Burnout.
Unser Körper ist jene Kraftquelle, die praktisch ganz automatisch für uns sorgt. Wir brauchen ausreichend Schlaf, gesunde Nahrung, regelmäßige Bewegung. Wir können uns darauf verlassen, dass sich unser Körper zu Wort meldet, wenn wir unseren Grundbedürfnissen zu wenig Aufmerksamkeit schenken. Wir werden müde, hungrig, nervös, ungeduldig, unkonzentriert und einiges mehr. Unser Körper erinnert uns daran, was wir gerade brauchen. Nehmen wir ihn wahr, werden wir feststellen, welche Lebensmittel uns guttun und Energie geben, wann wir am besten zu Bett gehen, um gestärkt in den Tag zu starten, und dass selbst ein kleiner Abendspaziergang ausreichen kann, um das Aufladen der Batterien zu aktivieren.
Soziale Beziehungen sind jene Kraftquellen, die uns nicht nur Unterstützung anbieten können, sondern auch das Gefühl von Zugehörigkeit vermitteln. Das ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis und fördert wiederum ein Gefühl von Akzeptanz und Sicherheit. Das Teilen von gemeinsamen Interessen, Werten und Zielen stärkt die eigene Identität, die mit der Gruppe in Einklang steht. Ob der Tischtennisverein, das Schwimmen in der Gruppe, Wandern oder Kartenspielen mit Freunden oder Open Dance Ihrer Kraftquelle entspricht, wissen Sie selbst am besten.
Emotionen können das Energieniveau erheblich steigern: Hobbys, die Freude bereiten, humorvolle Momente mit Freunden, das Streben nach neuen Erfahrungen, das anregend und belebend wirken kann, das Erreichen von Zielen, die einen stolz machen, Kunst, Natur oder Vorbilder, die inspirieren und Kreativität freisetzen. Aber auch Tränen und Wut können ein Ventil sein und schaffen Platz für neue Energien.
Die mentale Selbstfürsorge umfasst eine Vielzahl von Aktivitäten und Strategien, die darauf abzielen, Stress abzubauen und eine positive Einstellung zu stärken. Entspannungstechniken wie Meditationen, Achtsamkeitsübungen, Yoga oder Atemübungen verhelfen zu mehr Gelassenheit und innerer Ruhe. Auch wenn Sie Aufgaben priorisieren oder bewusst Pausen einsetzen, können Sie den Überlastungen vorbeugen. Die spirituelle Selbstfürsorge zielt darauf ab, einen tieferen Sinn im Leben zu finden und innere Ruhe zu erfahren. Aufenthalte in der Natur können helfen, sich geerdet zu fühlen, Spaziergänge laden dazu ein, die Schönheit der Umgebung bewusst wahrzunehmen. Vielleicht verhilft aber auch der Ausdruckstanz zu einer tieferen Verbindung zum eigenen Körper und Geist.
Die eigenen Kraftquellen stehen weder im Handbuch noch müssen sie mit jenen anderer übereinstimmen. Wir selbst entdecken sie im Laufe der Zeit und es liegt an uns, sie regelmäßig in den Alltag zu holen.